Anders als in Preußen hatten frühneuzeitliche Rechtsnormen in der Grafschaft Limburg lange Bestand. Noch im April 1807 fiel ein Urteil des gräflichen Kriminalgerichts gegen einen Vaganten nach der Kaiserlichen Halsgerichtsordnung (Carolina) von 1532. Die Erste Instanz für Kriminal- und Zivilsachen übte die Justiz-Kanzlei auf Schloss Hohenlimburg aus. Die Zweite Instanz oblag seit 1756 der in Rheda verorteten Regierungs-Kanzlei, danach folgten die Reichsgerichte. Bis zum Übergang an das französische Großherzogtum Berg im Mai 1808 blieb die Grafschaft Limburg ein souveräner Kleinstaat mit eigener Gerichtsbarkeit.
Auf dem Wiener Kongress wurde die Grafschaft im Juni 1815 dem Königreich Preußen zugesprochen. Nunmehr als Standesherren besaßen die zwei Jahre später in den erblichen Fürstenstand erhobenen Grafen von Bentheim-Tecklenburg besondere Privilegien. Dazu zählte die Ebenbürtigkeit mit regierenden Königshäusern. Auf dem Gebiet der früheren Grafschaft Limburg konnten die Gerichtsbarkeit, die Aufsicht über die Ortspolizei, die Schulen und die Kirchen sowie die Steuererhebung ausgeübt werden. Im Hauptort Limburg wurde ein Fürstliches Land- und Stadtgericht gebildet. Es unterstand der Preußischen Gerichtsverfassung und dem Königlichen Oberlandesgericht in Hamm.
Das seit 1819/20 bis zur Aufhebung des Gerichts im Sitzungssaal angebrachte Schild zeigt den Wappenmantel mit Fürstenhut. 1834 verzichtete Fürst Emil Friedrich auf die meisten Rechte, im Juli 1848 wurde auch das Fürstliche Land- und Stadtgericht aufgelöst. In Limburg waren fortan eine Kommission des königlich-preußischen Kreisgerichts Iserlohn und später ein Amtsgericht tätig.
Der bekannteste Mitarbeiter des Fürstlichen Gerichts war der seit 1820 dort tätige Assessor Jodokus Temme (*1798, †1881). Er gehörte unter anderem auch dem 1816 in Limburg gegründeten „Literarischen Verein für die Grafschaft Mark“ an. An der Lenne verfasste er unter dem Pseudonym Heinrich Stahl nicht nur Romane und Novellen. In Limburg entstand auch die 1831 in Elberfeld erschienene erste Sammlung westfälischer Sagen und Geschichten.
1832 wurde Temme nach seinem Großen Staatsexamen zum Hofgericht in Arnsberg versetzt. In den folgenden Jahren setzte er in Ragnit, Stendal, Tilsit und Berlin die Laufbahn als Richter, Staatsanwalt und Kriminaldirektor fort. Seit 1842 machte er als Regierungskritiker, als Abgeordneter der Nationalversammlung 1848/49 in der Frankfurter Paulskirche sowie als verfolgter und inhaftierter Revolutionär von sich reden. 1850 ohne Pensionsanspruch aus dem Staatsdienst entlassen, blieb ihm die in Limburg begonnene Schriftstellerei, die er nach 1852 im Exil in Zürich weiterbetrieb, um seine Familie zu ernähren.
Stephanie Marra